Musik und urbaner Prozess. Akademie Brasil-Europa für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft
Musik und urbaner Prozess. Akademie Brasil-Europa für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft
Akademie Brasil-Europa
für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft
Organisation für Studien von Kulturprozessen
in internationalen Beziehungen
Institut für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes - ISMPS e.V.
Vorsitzender:
Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo
Chroniken
Auswahl aus früheren Veranstaltungen
Diese besondere Beachtung von Prozesshaftem brachte die Überlegungen in besondere Nähe zur Diskussion, die in Kreisen von Theoretikern an der Fakultät für Architektur und Stadtplanung der Universität São Paulo durchgeführt wurden. Aus der Zusammenarbeit entstanden verschiedene Projekte, die sowohl im Rahmen der Architekturforschung an der Universität als auch der Volkskunde am Museum der Brasilianischen Gesellschaft für Volkskunde und der Musik an der Fakultät für Musik- und Kunsterziehung São Paulos zwischen 1969 und 1974 durchgeführt wurden.
Eines dieser Projekte betraf die Entwicklung einer kulturwissenschaftlich orientierten Musikwissenschaft bzw, Musikkulturforschung ausgehend von einer besonderen Berücksichtigung urbaner Prozesse. Um dieses Vorhaben durchzuführen, wurde der erste Hochschulkurs Brasiliens ins Leben gerufen und durchgeführt, der die Beziehungen zwischen Architektur-Theorie und Musikkulturstudien zum Gegenstand hatte.
Eine neue Phase dieses Prozesses, die durch den Ausbau eines urbanen Netzwerkes eng mit der Erschließung des Hinterlandes Brasiliens verbunden war, wurde durch das Vordringen der "Bandeirantes" ins Landesinnere und zu Missionsgebieten Paraguays, um Indianer als Arbeitskräfte nach São Paulo zu entführen, eingeleitet. Damit war die Entwicklung der Stadt eng mit einem Expansionsprozess der westlich geprägten Gesellschaft verbunden, der sowohl mit der Entstehung von Städten im Landesinneren als auch mit der Diffusion von Tänzen, Spielen und Musikpraktiken von São Paulo aus in weite Teile Brasiliens einherging. In reziproker Weise sollte der kulturelle Einfluss der z.T. christianisierten Missionsindianer, die nach der Vertreibung der Jesuiten in das Gebiet kamen, untersucht werden.
Eine besondere Berücksichtung wurde der Entwicklung São Paulos im 19. Jahrhundert gewidmet, das vor allem als Universitätstadt durch die Gründung der Jura-Fakultät geprägt war, die Studenten aus verschiedenen Regionen Brasiliens anzog und kosmopolitische Tendenzen des Kultur- und Musiklebens förderte.
Als Zentrum des entstandenen Eisenbahnnetzes im Rahmen der landwirtschaftlichen Entwicklung der Provinz wurde São Paulo zum Ziel europäischer Einwanderer, die Musik und Kulturtraditionen aus verschiedenen Teilen Europas mit sich brachten und maßgeblich zur Entwicklung eines diversifizierten Musiklebens beitrugen. Nicht nur Oper, Konzertleben, Kammermusikpraxis oder Musikunterricht an Konservatorien waren zum großen Teil Immigranten zu verdanken, sondern auch ein eigenständiges Musik- und Kulturleben in den von ihnen bewohnten Stadtvierteln.
Die Erforschung des Verhältnisses zwischen Immigration und Musik im Bereich der Musikkulturforschung, die sowohl empirische als auch historische Verfahrensweisen verlangte, sollte ebenfalls in enger Beziehung zu einer urbanen Forschung stehen, die die Entstehung und Veränderung von Stadtteilen mit ihren unterschiedlichen Kulturprägungen und Identifikationen zum Ziel hatte. Die durch die Industrialisierung ermöglichte Expansion der Stadt, die zu einer Metropole wurde, welche angrenzende Orte und Städte eingemeindete und neue Peripherien schuf, verlangte ebenfalls aus kultur- und musikgeschichtlichen Perspektiven betrachtet zu werden. Das Bild und das Kulturbewusstsein dieser Stadtteile konnte nur aus der Berücksichtung lokaler Musikvereine und -gruppen sowie von einer Popularmusik, die sich auf das Leben in diesen Vierteln bezog, ergründet werden. Die Entstehung eines Theaternetzes in der Großstadt konnte auch Hinweise auf das Musikleben in den verschiedenen Stadtteilen in ihren Bezügen zueinander und zum Zentrum vermitteln. Ebenfalls konnten die komplexen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und die nur ansatzweise verwirklichten Planungen urbaner Gestaltung unter einer kulturwissenschaftlich orientierten Perspektive in ihren Bezüge zum Musikleben betrachtet werden.
Die Interaktion zwischen empirischen und historischen Vorgehensweisen betraf nicht nur die Kulturprozesse, die Gegenstand der Betrachtung waren. Sie sollte sogar die Durchführung des Kurses selbst bestimmten. Dementsprechend wurden neben Seminaren praktische Übungen der räumlichen Wahrnehmung und der Stadtlektüre durch Begehung von Straßen und Plätzen veranstaltet. Kolloquien wurde vor dem Stadtmodell von São Paulo zur Kolonialzeit im Museum der Universität São Paulo am Ipiranga durchgeführt.
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