Kulturstudien der Caiçaras und indigene Identität. Tagungen der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft

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Berichte
Auswahl aus Tagungen, Kolloquien und Sitzungen


Kulturstudien der "Caiçaras" und indigene Identität
Kulturwissenschaftliches Forum "Litoral von São Paulo" II

Fort von Bertioga. Tagung der A.B.E.
Das "Forum Litoral von São Paulo" für kulturwissenschaftliche Studien gehörte zu den Veranstaltungen der A.B.E. im Rahmen des Abschlussjahres des Trienniums wissenschaftlicher Arbeiten zum Anlass der Entdeckung Brasiliens vor 500 Jahren. Ihm gingen voraus das "Forum Rio Grande do Sul" in den Gebieten der deutschen Einwanderung sowie diejenigen für das Hinterland und für die Metropole São Paulo selbst.

Das Spannunsfeld Hinterland/Küstenregion war bereits bei der Tagung zu Fragen symbolischer Anthropologie 1998 thematisiert worden; Sitzungen wurden in Städten beider Regionen abgehalten, so auch in der Küstenstadt Ubatuba.

Tagung der A.B.E. im Museum von Bertioga
Bei der Veranstaltung des Jahres 2002 an der Küste von São Paulo ging es um zwei Themenkreise: um die Bedeutung des Verhältnisses Kultur/Natur in der regionalen Forschung und um die Frage der Kulturidentität bei den "Caiçaras" und den indigenen Gruppen. Die Sitzungen wurden dementsprechend in zwei Städten durchgeführt, jeweils in Guarujá und in Bertioga. Wie bei anderen Foren wurde durch Korrespondenz und Befragungen im Voraus eine möglichst umfassende Teilnahme von Experten angestrebt.
Tagung der A.B.E. in Bertioga SP
Das Forum in der Stadt Bertioga wurde vom örtlichen Kulturamt und vom Museum in Fort João Ramalho organisiert. Die Gesprächsrunden fanden im diesen Museum statt. An ihnen nahmen Vertreter der Stadtverwaltung, der Kulturorganisationen der Gemeinde und des Guarani-Stammes teil. Die von der Stadt organisierte Museumsausstellung galt dem Thema "Fahrten und Kultur im südatlantischen Ozean".

Bei der Besprechung dieser Ausstellung wurde die kulturhistorische Bedeutung der Region auf Grund ihrer natürlichen Gegebenheiten im Rahmen der Entdeckungsfahrten während der ersten Jahre des Kontaktes zwischen Europäern und indigenen Völkern hervorgehoben. Wenn auch heute Bertioga seine einstige Bedeutung nur andeutungsweise erkennen lässt, spielte es im Kontext der Erschließung der Südatlantik und in der Geschichte der Beziehungen zwischen Europa und den Menschen Amerikas eine herausragende Rolle. Die Region wurde Austragungsort der aus dem Kontakt der Europäer zu den Indios resultierenden Spannungen.

Die Allianzen zwischen indigenen Volksgruppen und den verfeindeten europäischen Mächten führten zur Übertragung von politisch-religiösen Konfliktsituationen Europas auf die südatlantische Küste, was die heutige Bedeutung der Region für eine Kulturgeschichte der Beziehungen zwischen Europa und der außereuropäischen Welt begründet.

Tagung der A.B.E. in Bertioga SP
Gedacht wurde in diesem Zusammenhang an Hans Staden. Obwohl sein Bericht bereits mehrfach in Arbeiten der A.B.E. unter verschiedenen Aspekten berücksichtigt wurde, schien es notwendig, seine Erfahrungen im Rahmen des Trienniums ins Bewusstsein zu rufen. Dieses Gedenken erfolgte in Bertioga im Licht von Fragen, die Identitätsprozesse betreffen. Das Werk Stadens legt Zeugnis für sein protestantisches Bewusstsein ab und erhält selbst den Charakter einer vom Geist der Psalmen durchdrungenen Glaubensaffirmation auf Grund eigener Erfahrungen. Die Indianer nahmen bei dieser Prädominanz der psalmodischen Welt - wenn auch nicht explizit ausgesprochen - die Rolle früherer Feinde des Gottesvolkes des Alten Bundes ein. Die Allianzen indigener Völker mit Franzosen oder Portugiesen, die als Zeichen unterschiedlich verlaufener Bindungen und Identifizierungsvorgänge angesehen werden können, erhalten somit eine konfessionelle Komponente.
Tagung der A.B.E. in Bertioga SP
Beim anschließenden Gedankenaustausch ergriff der Vertreter der indigenen Gruppen das Wort und erwähnte die wachsenden Bemühungen um den Erhalt bzw. die Wiedergewinnung des indigenen Kulturbewusstseins und einer Kulturgeschichte aus indigener Perspektive. Die Kulturamtsleiterin hob hervor, dass diese Tendenzen der indigenen Gruppen durch die Kulturforscher solidarisch begleitet werden sollten.

Es handelt sich nicht mehr oder nicht nur um Fragen der Ethnologie, sondern um Entwicklungen, die die ganze Kultur und deren Erforschung betreffen. Die Volkskunde hatte sich seit der von der Brasilianischen Gesellschaft für Volkskunde organisierten Expedition zur Nordküste São Paulos in den sechziger Jahren vor allem Spielen, Tänzen, Musikinstrumenten und anderen Ausdrucksweisen traditioneller Volkskultur und des Lebens der "Caiçaras" gewidmet; sie müsste aber auch ihr Interesse auf die Indianer und deren Nachkommen richten. Ein Beispiel dieses Bemühens stellen Untersuchungen von Frau Prof. Dr. Kilza Setti dar.

Die Wandlungsprozesse, die hier ablaufen, verlangen ein Überdenken fachlicher Eingrenzungen und Bestimmungen. Notwendig ist eine Umorientierung der Aufmerksamkeit auf Prozesshaftes bei den Bemühungen um die Entwicklung einer transdisziplinären Kulturwissenschaft, wie sie die 1968 gegründte Organisation für Studien von Kulturprozessen in internationalen Beziehungen vertritt.





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